Einbindung der Mediation im öffentlichen Bereich in den bestehenden gesetzlichen Rahmen der öffentlich-rechtlichen Zulassungsverfahren in Deutschland
Mediation im öffentlichen Bereich wird in Deutschland nur parallel bzw. im Vorfeld der gesetzlichen Verwaltungsverfahren angewandt, und die dabei erarbeiteten Ergebnisse müssen dann in der Regel anschließend erst durch die entsprechenden Entscheidungsträger umgesetzt werden. Das birgt immer ein gewisses Risiko, und so stellt sich die Frage, wie weit eine direkte Integration auch in den rechtlichen Verfahrensablauf der Zulassungsverfahren selbst möglich und bereits vom Gesetzgeber vorgesehen ist. Nachfolgend daher einige Beispiele für ausdrückliche Einsatzmöglichkeiten von Mediation im öffentlich-rechtlichen Bereich innerhalb des gesetzlichen Rahmens:
a) Erörterungstermin bei Planungsverfahren
Der Erörterungstermin im Planfeststellungsverfahren ist ein guter Ansatzpunkt für den Einsatz von Mediation, soll er doch gemäß § 73 Abs.6 VwVfG (Verwaltungsverfahrensgesetz) zur Erörterung der Einwendungen gegen ein Vorhaben dienen. Ziel kann es daher - idealtypisch gesehen - nur sein, einen Ausgleich zwischen den widerstreitenden Interessen herbeizuführen. Dies ist in der Praxis eher selten so. Dennoch ist diese Phase des Verwaltungsverfahrens in der Regel der Ort, an dem alle Interessen nicht nur in den Akten, sondern auch personell durch die jeweiligen Vertreter von Interessengruppen aufeinandertreffen. Weil die Genehmigungsbehörde den Erörterungstermin durchzuführen hat, kann allerdings der Leiter oder die Leiterin des Erörterungstermins als Mitarbeiter der Behörde nicht selbst die Rolle eines Mediators einnehmen, denn dessen zugeschriebene Neutralität oder besser Allparteilichkeit ist eine zentrale Voraussetzung für das Gelingen von Mediation. Möglich bleibt lediglich die Zuhilfenahme eines Dritten, der dann quasi als Beauftragter aller Beteiligten den Erörterungstermin leitet. In der Praxis spielt diese Möglichkeit zumindest im Hinblick auf Mediation aber noch keine Rolle, da viele Behörden in Deutschland nach wie vor starke Vorbehalte gegen solche Konstruktionen hegen.
b) § 5 UVPG - Scoping-Verfahren
Ähnlich wie beim Erörterungstermin kann die Behörde im Rahmen einer Umweltverträglichkeitsprüfung gemäß § 5 UVPG (Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung) ein sogenanntes „Scoping-Verfahren“ durchführen, um die Planung eines Vorhabens mit den beteiligten Behörden, Sachverständigen und Dritten zu erörtern und diese über den Umfang des Vorhabens zu unterrichten. Dieses kann auch in das Genehmigungsverfahren integriert werden (sog. Konzentrationswirkung). Auch hier wird das Verfahren in der Regel von der Behörde durchgeführt, so dass sich die gleichen Probleme hinsichtlich der Neutralität des Mediators wie beim Erörterungstermin ergeben. Bedient sich die Behörde zur Leitung des Scoping-Verfahrens dagegen eines Dritten, kann das ein guter Anknüpfungspunkt für Mediation sein.
c) § 4b Baugesetzbuch
§ 4b: Einschaltung eines Dritten
Die Gemeinde kann insbesondere zur Beschleunigung des Bauleitplanverfahrens die Vorbereitung und Durchführung von Verfahrensschritten nach den §§ 3 bis 4a einem Dritten übertragen.
Der Gesetzgeber hat mit der Einführung des § 4b BauGB (Baugesetzbuch) erstmals im Rahmen der Bauleitplanung die gesetzlich normierte Möglichkeit eröffnet, einem Dritten die Verfahrensschritte zur Beteiligung der Bürger, benachbarten Gemeinden und Träger öffentlicher Belange zu übertragen. Faktisch wurde diese Möglichkeit allerdings auch vorher schon praktiziert: Einige Gemeinden haben neutrale Dritte zur Vereinfachung ihrer Planungstätigkeit schon länger herangezogen; dies war auch im Rahmen der früheren gesetzlichen Lage möglich. Insofern ist die nunmehr erfolgte Einfügung des § 4b BauGB vor allem eine Klarstellung des Gesetzgebers.
Die gesetzliche Normierung sieht die Einbindung eines Dritten nunmehr also ausdrücklich vor. Dies soll nach dem Gesetzestext insbesondere - aber nicht ausschließlich - zur Beschleunigung des Verfahrens dienen, insofern ist der Gesetzeswortlaut ein wenig unvollständig. Die Regelung richtet sich vor allem auf die Durchführung von Erörterungstermin (§ 3 BauGB), Anhörungstermin (§ 4 BauGB) bzw. Konsultationen im Sinne des § 4a Abs. 2 BauGB. Ziel soll es sein, dadurch die Verfahren bei der Aufstellung der Bauleitpläne zu optimieren. Die Entscheidungsbefugnis verbleibt aber in jedem Falle beim Entscheidungsträger selbst.
Diese Vorschrift hat eine Signalwirkung, da der Gesetzgeber die Gemeinden auf den verstärkten Einsatz dieser Möglichkeit hinweisen will. Indes sind nach Aussage des Deutschen Städtetages noch keine Auswirkungen dieser Vorschrift auf die praktische Planungstätigkeit der Gemeinden spürbar. In Zukunft wird sich zeigen, ob der vom Gesetzgeber beabsichtigte Zweck auch erreicht wird.
d) Sonstiges
Grundsätzlich ist der Einsatz von Mediation in allen verwaltungsrechtlichen Verfahren denkbar, sofern sich die Beteiligten freiwillig darauf einigen. Die entsprechenden rechtlichen Voraussetzungen dafür lassen sich, sofern erforderlich, in der Regel durch Vereinbarung zwischen den Beteiligten schaffen.
Zusammenfassung:
Zusammenfassung: Eine vergleichbare gesetzliche Absicherung von Mediation im Rahmen von Verwaltungsverfahren wie z.B. in den USA gibt es in Deutschland zur Zeit nicht. Was es gibt, sind Ansatzpunkte zur Einbindung in die gesetzlichen Verfahren, jedoch können diese nur unvollständig bleiben, solange Erörterungstermine und Scoping-Verfahren von den Anhörungsbehörden selbst veranstaltet und geleitet werden. Geplant (und aber bislang auch nicht realisiert) wurden außerdem gesetzliche Neuregelungen, vor allem was die Übertragung von einzelnen Verfahrensabschnitten an einen Verfahrensmittler angeht. Solange Mediation - wie in Deutschland bisher weitgehend üblich – vornehmlich zur Verbesserung der Informationsgrundlagen und Vorbereitung der Verwaltungsentscheidung herangezogen wird, bleibt sie indes von der förmlichen Verwaltungsentscheidung getrennt und begegnet daher auch keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Inwiefern von dieser Möglichkeit allerdings Gebrauch gemacht wird, obliegt den Behörden, die in Deutschland dieser Form der Entscheidungsvorbereitung- und -findung nach wie vor skeptisch gegenüberstehen. Vor allem kleinere Behörden sind hier großenteils der Auffassung, dass die Verwaltung alleinige „Herrin des Verfahrens“ sei und keinem Dritten – gar einem außerhalb der Verwaltung – dabei ein Mitspracherecht zustehe. Ob es hier zu einem Sinneswandel kommen kann, bleibt abzuwarten.