Anwendungsgebiete
Mediation ist – wie überall, so auch im öffentlichen Bereich – dort angebracht, wo sich Konfliktbeteiligte einerseits – jedenfalls zunächst – so unversöhnlich gegenüberstehen, dass der Glaube an eine Lösungsmöglichkeit, die alle zufriedenstellen könnte, mehr oder weniger abhanden gekommen ist, andererseits aber auf allen Seiten dennoch die Notwendigkeit gesehen wird, zu einer Einigung zu kommen, auch und gerade wenn man sich nicht (mehr) vorstellen kann, wie das möglich sein könnte. Entscheidend ist der ernsthafte Wille aller(!) Beteiligter zum Erfolg trotz aller Gegnerschaft, Abneigung und eventueller Verletzungen. Dann kann Mediation Unerwartetes möglich machen - die konkreten Streitgegenstände sind zweitrangig.
Die bislang verbreitetsten Anwendungsgebiete von Mediation im öffentlichen Bereich sind bislang Konflikte im Zusammenhang mit umweltrelevanten Bau- und Planungsvorhaben (z.B. dem Bau von Straßen oder Flughäfen oder der Ansiedlung von Industrieanlagen), mit der Erarbeitung von Abfall- oder Verkehrskonzepten oder mit Landnutzung (z.B. bei der Standortfindung von Abfallentsorgungsanlagen oder, außerhalb der engeren Umweltproblematik, ähnlich oft auch beim Bau von Moscheen, Asylbewerberheimen oder Vollzugsanstalten – meistens geht es hier schlicht um Projekte, von denen sich Nachbarn subjektiv bedroht fühlen). Der Zusammenhang zwischen Umwelt, Wirtschaft, Politik und Sozialem ist hier augenfällig. Weiterhin kann Mediation im öffentlichen Bereich auch bei grundsätzlichen, politisch-konzeptionellen Themen zum Einsatz kommen, z.B. bei der Umsetzung der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen (Stichwort: Agenda 21), bei öffentlichen Diskursen zur Gentechnik oder bei der Entwicklung von Konzepten zur Gesundheits- und Rentenpolitik, bei Konflikten innerhalb oder zwischen Behörden oder bei kirchlichen Einrichtungen.
Hier eine, auch als Anregung gedachte, beispielhafte und beliebig erweiterungsfähige Liste von Themenfeldern, bei denen der Einsatz von Mediation im öffentlichen Bereich denkbar ist:
- Grundsätzlicher, politisch-konzeptioneller Bereich: Integration von Ökologie und Ökonomie, Umsetzung der Leitbilder einer nachhaltig umweltfreundlichen Entwicklung, Umsetzung der Ergebnisse der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen, Modifikation des Verwaltungsrechts zur Erweiterung der Beteiligungsmöglichkeiten gesellschaftlicher Gruppierungen, Regelungen in energie-, abfall- und umweltbildungspolitischen Vorhaben, ethische Grundsatzfragen (z.B. Gentechnik, Organspenden, Abtreibung, Sterbehilfe u.ä.)...
- Bereich Politik und Verwaltung: Standortfragen, Raum- und Landschaftsplanung (hier insbesondere Umweltverträglichkeitsprüfung), „Agenda 21“, öffentlicher Personen-Nahverkehr (ÖPNV) sowie integrierte Verkehrskonzepte, Abfallwirtschafts- und Verbraucherschutzkonzepte, Normensetzung, Verwaltungsreform, ...
- Bereich Wirtschaft: Industrieansiedlung/-umsiedlung, Öko-Audit, umweltfreundliches Management im Unternehmen, Duales System, Mehrwegquote, Verpackungsverordnung, Rekultivierungsvorhaben, Finanzkrise,...
- Bereich Soziales: Gesundheitsreform, öffentlicher Umgang mit Pandemien, Quartiersmanagement in sozialen Brennpunkten, Moscheebau, Standortfragen bei unliebsamen Anstalten oder Heimen o.ä.,...